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S04-Fanbeauftragter im Interview
„Geisterspiele machen mir keine Angst“

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S04-Fanbeauftragter im Interview: „Geisterspiele machen mir keine Angst“
Foto: Heinrich Jung
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In der Fankultur des FC Schalke hat sich etwas verändert. Darüber haben wir mit dem S04-Fanbeauftragten Thomas Kirschner gesprochen.

Beim letzten Schalke-Heimspiel des Jahres 2021 gegen den 1. FC Nürnberg richtete Schalkes Fanbeauftragter Thomas Kirschner im Halbzeitgespräch mit Stadionsprecher Dirk Oberschulte-Beckmann einen überraschenden Appell an die S04-Fans. Tenor: Mehr Verantwortung untereinander. Wir haben nachgefragt. Ein Gespräch über Gewalt, Veränderungen in der Fanszene und erneute Geisterspiele.

Thomas Kirschner, beim letzten Heimspiel des Jahres gegen den 1. FC Nürnberg wünschten Sie sich im Halbzeitgespräch, dass die S04-Anhänger wieder mehr gemeinsam agieren und sich nicht beschimpfen oder gegenseitig körperlich angehen sollen. Hat der FC Schalke 04 ein Fan-Problem?

Nein, das sehe ich nicht so. Welche positive Wucht die S04-Fans entwickeln, hat man ja in den vergangenen Heimspielen in der 2. Liga gesehen. Es gibt wohl wenige Vereine in Deutschland, die das von sich behaupten können. Auch Trainer Dimitrios Grammozis betont ja oft, welche Wirkung die Fans auf die Mannschaft haben und dass der Weg zum Erfolg nur gemeinsam geht. Aber es gibt derzeit eben auch Dinge, die verbesserungswürdig sind. Und daran möchten wir arbeiten.

Was waren die Beweggründe für Ihren ungewöhnlichen Appell?

Wir vier Fanbeauftragten des Vereins sprechen regelmäßig über unsere Erfahrungen bei den Spielen. Und die waren zuletzt nicht immer positiv. Wir haben den Eindruck, dass an manchen Stellen gerade etwas in die falsche Richtung läuft. Das Thema Zusammenhalt und Solidarität unter den Fans ist aus unserer Sicht derzeit nicht immer so da, wie es eigentlich sein sollte. Und wie es vor Corona war. Das alles in einer Zeit, in der sich der Verein bekanntlich in einer schwierigen Situation befindet, in der der Rückhalt der Fans gerade jetzt weiterhin sehr wichtig ist.

Gab es einen konkreten Anlass für ihren Aufruf?

Nach dem Auswärtsspiel bei Werder Bremen hat sich eine Familie bei uns gemeldet und von ihren Erfahrungen berichtet. Sie hat uns geschrieben, dass sie dort zusammen mit ihren Kindern von anderen Schalke-Fans im Gästeblock beleidigt und bedroht wurde, das ging bis zur Gewaltanwendung. Das hat uns schockiert. Wir kennen die Familie persönlich, es war für uns unbegreiflich.

Wie hat die Familie reagiert?

Die war natürlich total geschockt, dass so etwas unter Schalkern möglich ist. Es ging ihr dabei gar nicht um eine strafrechtliche Aufarbeitung, sondern dass das Motto von den 1000 Freunden, die zusammenstehen, gerade in dieser Zeit offenbar im Stadion nicht von jedermann gelebt wird. Die E-Mail haben wir zum Anlass genommen, um das Thema anzusprechen. Denn das ist leider kein Einzelfall. Auch unser Stadionsprecher Dirk Oberschulte-Beckmann hat mir das bestätigt. Er ist regelmäßig privat als Fan bei den Auswärtsspielen im Gästeblock dabei und sagt auch, dass sich die Atmosphäre hier und da verändert hat.

Was hat sich aus Ihrer Sicht in der Kurve verändert?

Die Zuschauerstruktur in den Stadien hat sich grundsätzlich ein bisschen gewandelt. Das ist gar kein Schalke-spezifisches Problem. Wenn man mit den Kolleg*innen aus den anderen Vereinen spricht, dann ist es da auch so. Man merkt natürlich, dass momentan viele Fans nicht da sind, die sonst regelmäßig zu den Spielen gefahren sind und eine gewisse Struktur fehlt. Vor allem bei Auswärtsspielen fällt das auf. Darunter sind natürlich die Ultras, die fehlen, aber auch andere Allesfahrer oder Fanclubs. Dafür sind neue, oft junge Fans hinzugekommen, was ja erstmal durchweg positiv ist.

Aber?

Uns fehlen derzeit noch ein bisschen der gegenseitige Respekt und die Wertschätzung, wie man als Schalker untereinander umgeht. Das ist nicht immer dem Leitbild angemessen. Wir möchten hier auf keinen Fall eine ´Gute-Schalker-Schlechte-Schalker-Diskussion´ führen und freuen uns, dass sich Menschen für den S04 begeistern. Aber es geht darum zu sensibilisieren. Wir wollen nicht mit dem erhobenen Zeigefinger auf einzelne Anhänger zeigen, sondern wir wünschen uns, dass sich wieder etwas dreht und wir als S04-Fangemeinde für das einstehen, für das wir immer gestanden haben: den Zusammenhalt untereinander.

Auch die Klagen von Zuschauern, Journalisten und Fotografen, die mit Bierbechern beworfen werden, häufen sich…

Aktuell scheint das Bierbecherwerfen in der Tat zu einer Art Volkssport geworden zu sein. Dass da schon mal im Torjubel ein Becher verschüttet wird, das kennt man. Aber ich habe selbst erlebt, wie Fotojournalisten fortgesetzt 90 Minuten lang beworfen werden. Ich kann mich an eine Begebenheit beim Auswärtsspiel in Heidenheim erinnern, in der ein Fotograf von zwei Heranwachsenden mit einem Bier nach dem anderen übergossen wurde. So etwas geht einfach nicht.

Fehlt aktuell eine Art Selbstregulierung der Kurve, wie sie zuvor über Jahre gewachsen ist?

Das ist sicher ein Grund, aber nicht der alleinige. Wir haben als Fanbetreuer das Gefühl, dass die Solidarität untereinander, die man gerade auch zu Beginn der Corona-Pandemie gespürt hat, etwas abhandengekommen ist. Damals wurden viel Dinge angestoßen, wie zum Beispiel die „Kumpelkisten“ oder die Aktion „#helpgelsen“. Man hat den Eindruck, dass die Leute die Spiele vielleicht teilweise als Ventil für ihren Frust über die Corona-Situation nutzen. Aber auch das gilt nicht nur für Gelsenkirchen. Wie wollen Sie gegensteuern?

Wir sind im Austausch mit dem Schalker Fanclub-Verband und den Fanorganisationen. Bei Heimspielen haben wir eine Anlaufstelle im Schalke-Museum in der Arena, die genau für solche Beschwerdefälle eingerichtet wurde. Und auch bei den Auswärtsspielen ist immer jemand von uns präsent. Vielleicht hätten wir zum Beispiel die Situation in Bremen anders lösen können, wenn wir davon rechtzeitig gewusst hätten.

Was ist Ihnen wichtig?

Dass die S04-Fans wieder mehr gegenseitig aufeinander achten. Ordnungsdienst, Polizei und wir können solche Dinge nicht immer und überall verhindern, aber wir wünschen uns, dass dann andere Fans nicht wegschauen und die Anhänger sich gegenseitig schützen. Aufgabe von uns allen ist es, die neuen Fans in die bestehenden Fanstrukturen zu integrieren.

Ist dieses Vakuum in der Fankurve auch entstanden, weil Gruppen wie die Ultras den Stadionbesuch konsequent ablehnen, wenn er nicht für alle möglich ist?

Es sind ja nicht nur die Ultras, die als Gruppe momentan nicht kommen, sondern auch viele Fanclubs und normale Fans, was ich auch nachvollziehen kann. Die stehen seit 20 Jahren mit den Kumpels zusammen in der Kurve und wurden dann plötzlich aufgrund von neuen Regularien gewissermaßen auseinandergerissen. Das ist auch nicht die Fankultur, wie ich sie mir vorstelle. Aber eben das, was dann lange Zeit nur machbar war. Teilweise hatten wir bei den Auswärtsspielen ja nur einige hundert Fans dabei. Da fällt so etwas sofort auf.

Besteht die Gefahr, dass es durch Corona eine dauerhafte Veränderung der Fankultur gibt?

Das glaube ich nicht. Und das hoffe ich auch nicht. Auch weil ich mir wünsche, dass der S04 möglichst bald wieder vor voller Hütte spielt. Erst dann wird man sehen, ob in der Fankultur etwas weggebrochen ist.

Zunächst sind aber nach einem Beschluss der Politik in der Rückrunde für einen ungewissen Zeitraum wieder Geisterspiele ganz ohne Zuschauer angesagt. Macht Ihnen das Angst?

Nein, das macht mir keine Angst. Wir kennen das ja schon. Beim ersten Heimspiel der Saison gegen den HSV nach eineinhalb Jahren ohne Zuschauer hatte ich eine Gänsehaut. Beim Heimspiel gegen Dynamo Dresden hatten wir dann – mit einer starken Gästekurve – schon fast wieder den Normalzustand, wie wir ihn vor Corona-Pandemie kannten. Wenn das jetzt für eine gewisse Zeit wieder komplett wegbricht, fehlen dem Verein nicht nur dringend benötigte Einnahmen. Der Mannschaft fehlt auch die so notwendige Unterstützung gerade in engen Situationen wie nach dem Rückstand gegen Sandhausen oder zuletzt gegen den 1. FC Nürnberg. In der vergangenen Saison haben wir gesehen, dass uns das nicht gerade gut bekommen ist. Ich bin aber davon überzeugt, dass wir das diesmal besser wegstecken, weil wir eine ganz andere Mannschaft auf dem Platz haben.

Was ist – sicherlich neben dem Aufstieg – aus Ihr Sicht als Leiter Fans und Mitglieder Ihr Wunsch für das Jahr 2022?

Dass hoffentlich im nächsten Jahr die VELTINS-Arena irgendwann wieder voll sein wird und alle Fans wieder zurückkommen können. Und dass es dann im Stadion wieder so wird, wie es vor Corona war. Aber ich würde mir auch wünschen, dass man aus dieser Zeit Dinge mitnimmt: Aufeinander achtzugeben, solidarisch miteinander zu sein. Wenn wir das aus der Krise als Lehre mitnehmen könnten, dann haben wir als S04, aber auch als Gesellschaft für die Zukunft viel gewonnen.

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9 SpVgg Greuther Fürth 33 13 8 12 48:49 -1 47
10 FC Schalke 04 33 12 7 14 53:58 -5 43
11 SV 07 Elversberg 33 12 7 14 49:60 -11 43
12 1. FC Nürnberg 33 11 7 15 42:60 -18 40
Pl. Mannschaft Sp g u v Tore Diff Pkt.
3 Karlsruher SC 17 9 5 3 40:23 17 32
4 SpVgg Greuther Fürth 16 9 4 3 31:20 11 31
5 FC Schalke 04 17 9 4 4 31:21 10 31
6 Hertha BSC Berlin 17 8 6 3 43:22 21 30
7 Hannover 96 16 8 6 2 34:18 16 30
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14 1. FC Kaiserslautern 17 3 4 10 23:33 -10 13
15 Eintracht Braunschweig 16 4 1 11 16:27 -11 13
16 FC Schalke 04 16 3 3 10 22:37 -15 12
17 Hansa Rostock 17 3 2 12 10:30 -20 11
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